Kirchen

Groitzsch

Kirchkapelle Groitzsch

Groitzsch 8 webSie ist das kleinste Kirchgebäude in unserem Bereich und gehört noch nicht einmal der Kirchgemeinde, sondern liegt in kommunaler Zuständigkeit. Und dennoch werden einmal im Jahr ihre Pforten aufgeschlossen, damit wir in ihr einen schön geschmückten Erntedankgottesdienst feiern können.

Was hat es mit dieser Kirchkapelle auf sich? Der malerisch über der Mulde gelegene Ort Groitzsch wurde im Jahr 1184 zum ersten Mal als Burgfeste erwähnt. Eine Kirche aber besaß der kleine Ort über Jahrhunderte hinweg nicht. Dann aber hat im Jahr 1882 der Rittergutsbesitzer Wilhelm Otto Hertwig (1841-1905) auf dem sogenannten Rathausberg einen Begräbnisplatz herrichten und mit einer Mauer umgeben lassen, dazu den Bau einer kleinen Kirche im neogotischen Stil begonnen, die ein Jahr später fertiggestellt war. Am 11. Juli 1884 fand die Einweihung der „Gottesackerkapelle“ statt, deren Durchführung schon zeigt, dass der Bau doppelt motiviert gewesen ist.

Da wurden bei dem Einweihungsgottesdienst die Särge der Familie Hertwig überführt, die zeitweilig im Groitzscher Park beigesetzt worden waren. Die Verstorbenen waren der Bruder des Erbauers, seine Ehefrau und der bereits im Kindesalter heimgegangene Sohn. Auf der Südseite der Kapelle findet sich noch ein steinernes Grabkreuz, das an die Familie Hertwig erinnert. Es sollte also ein angemessener Begräbnisort für die Familie und zugleich für die Dorfbewohner geschaffen werden. Auffällig aber ist, dass der Aufwand des Einweihungsgottesdienst nicht der Größenordnung einer kleinen Friedhofskapelle entsprach. Die Einweihung wurde mit einem feierlichen Festumzug eröffnet, an dessen Spitze das Kruzifix und die Leuchter getragen worden, die für den Altar bestimmt waren. Es folgten die Geistlichen, unter ihnen der Generalsuperintendent der Kirchenprovinz Sachsen, Ludwig Carl Möller, der auch die Predigt hielt, dann der Superintendent und der Weltewitzer Pfarrer Brunner. Die Absicht, die sich hinter dieser Aufbietung verbarg, wurde bald offen ausgesprochen. Gleich im Anschluss bat der Rittergutsbesitzer Hertwig den Kirchenkreis, dass doch die in Groitzsch geborenen Kinder auch in ihrer Kapelle getauft werden dürften. Am 2. November erteilte der Superintendent Fischer aus Groß-Wölkau die Erlaubnis und eine hölzerne Taufe wurde angeschafft, zugleich wurde ein eigenes Kirchenbuch angelegt.

Der nächste Antrag erfolgte ein Jahr später an den Gemeindekirchenrat Wölpern, zu deren Kirchgemeinde die Groitzscher eigentlich gehörten, wovon auch der „Groitzscher Chor“ in der Wölperner Kirche zeugt. In dem Antrag des Rittergutsbesitzers aber kommt der eigentliche Herzenswunsch der Einwohner zum Ausdruck: „Die nach Wölpern eingepfarrte Gutsgemeinde Groitzsch muss bisher ihren Kirchgang in Wölpern halten und auch da ihr Abendmahl nehmen, das jedoch für dieselben, der etwa einen Stunde weiten Entfernung wegen und zu Winterszeiten recht beschwerlich, wodurch es auch kommt, dass der Kirchenbesuch in Wölpern seitens der Gemeinde Groitzsch ein recht seltener ist und die Einwohner von Groitzsch meist nach Eilenburg statt nach Wölpern zur Kirche gehen. Da ich nun vor zwei Jahren in Groitzsch die Kapelle mit Kirchhof habe errichten lassen und die Einwohner von Groitzsch auch gern wünschen, das Abendmahl von ihrem Seelsorger zu empfangen, so erlaube ich mir, den Gemeindekirchenrat hierdurch ergebenst zu bitten, dass jährlich viermal von dem Herrn Pastor der Parochie Wölpern in der Kapelle zu Groitzsch Gottesdienst mit Abendmahl abgehalten werden darf und an diesen Sonntagen der Gottesdienst in Wölpern ausfällt.“

Diese Idee wurde allerdings nicht verwirklicht. Pfarrer Gilck berichtet 1955, dass Groitzsch in diesem Jahr aus dem Pfarrbezirk Weltewitz ausgepfarrt und nach Pehritzsch eingepfarrt worden sei. Wer zum Erntedankfest die Groitzscher Kapelle besucht, kann im Anschluss durch die wunderschönen Muldewiesen spazieren gehen. (fk)

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