Kirchen

Wöllmen

Wllmen WebsiteAuf dem Ostgiebel über dem Altarraum sieht man ein inzwischen sehr stark beschädigtes Kreuz. Die Form des Kreuzes weist es als altes Wallfahrtskreuz aus. In Wöllmen gab es einen Altar mit einem wundertätigen Marienbild. Das Bild kam Anfang oder Mitte dieses Jahrhunderts nach Eilenburg ins Museum zusammen mit einem Katharinen-Bild, das auf einem anderen Altar in der Kirche gestanden hatte. Wie viele Heilungen das wundertätige Marienbild vollbrachte, ist nicht mehr überliefert. Sicher aber hatte in vorreformatorischer Zeit Wöllmen mit der Wallfahrtskirche eine Bedeutung über die Region hinaus. Die Kirche stammt überwiegend aus gotischer Zeit, also aus dem 14./15. Jahrhundert. Allerdings wird erwähnt, dass bereits in der Mitte des 13. Jh. eine Kapelle in Wöllmen gestanden hat. Im 17. Jahrhundert und um 1720 wurde die Kirche innen umgestaltet. Man kann im Altarraum noch Gewölbefänger sehen, die ein gotisches Gewölbe getragen haben.

Der Altar und die Kirche wurden im Jahr 1720 gemalt. Die Inschrift ist noch gut zu lesen: "Anno 1720 Gott zu Ehren Ist diese Kürehe und Altar gemahlet, durch Gottfried Woltkewitzen Mahlern von Eilenburg und mit Gottes Hilfe verferdigt worden". Die Kirche ist außen verputzt. jeder "gelernte DDR-Bürger" weiß, was es hieß, Baumaterial zu besorgen. Eine Familie in Wöllmen hatte also etwa 100 Zentner Zement lose anliefern lassen und im Schuppen gelagert. Im Hof wurde dann der Mörtel gemischt und mit Schubkarren die ca. 300 m zur Kirche gefahren. Eine Orgel gibt es schon lange nicht mehr in Wöllmen. Es wird ein geborgtes Harmonium

gespielt, das erst auf der Empore stand und dort beinahe durch das Podest, auf dem es erhöht stand, durchgebrochen wäre. Inzwischen steht es unweit des Altars auf festerem Grund.

(aus "Spuren in Stein")

Bildergalerie:

 

Erstaunlich, welch eine große Kirche das Dörflein Wöllmen besitzt. Ein Wallfahrtskreuz auf dem Ostgiebel deutet auf eine größere Geschichte hin, ebenso ein riesiger Gewölbebogen, der sich über die nördliche Eingangstür spannt und bei der letzten Außensanierung vor fünf Jahren besonders sichtbar gemacht wurde. Leider sind die urkundlichen Nachrichten mangelhaft, so dass vieles nur aus der baulichen Substanz erschlossen werden kann. Erstmals wird aber im Jahr 1363 von einer „kapellen zu welmyn“ (Wöllmen) gesprochen, „die da vor hundert jahren ist gewest“. Dazu passen einige wenige romanische Reste, vor allem der bereits erwähnte Gewölbebogen. Der 20 Meter hohe Turm ist mit Findlingen in Backsteinverzwickung gebaut und hat an den Ecken zur Verstärkung zwei bis zum Dach reichende runde Strebepfeiler. Die spitzbogigen Fenster weißen ihn in die spätgotische Zeit. Aus der selben Zeit stammt scheinbar auch die Bronzeglocke, die einen Durchmesser von 67 cm hat und zwischen zwei Reifen mehrfach den Buchstaben M (für Maria?) und einmal S trägt. Sie wird heute immer noch von Hand geläutet.
Auch das Kirchenschiff besitzt zwei spätgotische Fenster. In den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts mag dann auch der schmalere Chorraum erweitert worden sein, so dass der jetzige rechteckige Saalbau entstanden ist. Im 17. Jahrhundert bekam der Saal eine nördliche Empore und eine hölzerne Felderdecke, wie sie auch in Wölpern und Liemehna vorhanden ist. In den Ecken des Chores erkennt man aber noch die alten Gewölbeanfänge, auch sind die äußeren Stützpfeiler ein Hinweis darauf, dass hier einmal ein Gewölbe vorhanden gewesen sein muss. Einen größeren Umbau erhielt die Kirche dann in barocker Zeit: Die Fenster wurden verändert, die Westempore und ein Kanzelaltar errichtet, der auf der Rückseite die Inschrift trägt: „Anno 1720 Gott zu ehren ist diese Kürche und Altar gemahlet, durch Gottfried Woltkewitzen Mahlern von Eilenburg gemahlet und mit Gottes Hilfe verferdiget worden.“ Für die folgenden 250 Jahre sind keine größeren Umbauten zu bemerken, wohl aber registrieren die Kirchenbücher regelmäßigen Reparaturen und Erhaltungsarbeiten am Dach, Kirchgestühl, Holzdecke, Emporen – und immer wieder an der Orgel. Von dieser ist heute allerdings nichts mehr zu sehen, stattdessen steht im Altarraum ein Harmonium, dass in den letzten zehn Jahren nur einmal gespielt worden ist. Wer heute die Kirche betritt, entdeckt an der Südseite das Bild einer hölzernen Marienstatue. Das dreiviertel-lebensgroße Original befindet sich zusammen mit einer Figur der Heiligen Katharina im Eilenburger Stadtmuseum. Es kann vermutet werden, dass es sich bei der Statue um jenes „wundertätige Marienbild“ handelt, dass in vorreformatorischer Zeit die Bekanntheit der Wöllmener Kirche als Wallfahrtsstätte begründete. Vermutlich waren sowohl die Maria als auch die Katharina und eine weitere Heilige (die Hl. Barbara?) Bestandteile eines je eigenen Altars, von denen sich 1923 noch Reste im Turmobergeschoss fanden.
Heute öffnet die Kirche nur noch viermal im Jahr ihre Pforten zu den Gottesdiensten der kleinen Gemeinde. Neben dem Buß- und Bettag, dem vierten Advent und Palmsonntag bildet den Höhepunkt der Tag des offenen Denkmals, an dem im Zusammenspiel mit dem Wöllmener Hoffest ein musikalischer Gottesdienst gefeiert wird, bei dem schon Blockflöten, Alphorn, irische Harfe und Panflöte erklangen. An diesem Tag ist Kirche meist bis zum letzten Platz gefüllt. Es ist sicher nicht der hohe Sitzkomfort, der die Menschen anzieht, wohl aber der altehrwürdige Kirchenraum, der durch die Musik ins Schwingen kommt. (fk)

(aus Kirchspielkalender März bis Mai 2020)