Willkommen

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Kirchen Miniaturen

Liebe Leserinnen und liebe Leser!

ich bin gerade von einer Kurseinheit des Vikariats zurückgekehrt, der sogenannten Landwoche. Eine Woche im Unstruttal, um zu lernen
was Kirche auf dem Dorf bedeutet. Reicht das?

Die christliche Kirche und das Land haben eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Das alte Israel, aus dem die Quellen unseres Glaubens
stammen, war ländlich und landwirtschaftlich geprägt. Auch Jesus ist durch das Land gewandert und hat meist Menschen in Bauern- oder
Fischerdörfern gepredigt. Am Ende ist es aber doch wieder die Großstadt, Jerusalem, wo er gestorben und auferstanden ist. Auch die ersten christlichen Gemeinden fanden sich in römischen Städten - wie Ephesus, Korinth oder Rom.

Mit der Ausbreitung des christlichen Glaubens ist dieser dann auch in die ländlichen Räume vorgestoßen. Ab dem 2. oder 3. Jahrhundert gibt es Chorepiskopoi, wörtlich „Landbischöfe", die ausschließlich für ländliche Gegenden zuständig waren; später ist dieses Amt wieder verschwunden. Als im Mittelalter das Christentum auch in Deutschland Fuß fasste, hatten wieder Dörfer und vor allem Klöster auf dem Land das größere Gewicht in der Kirche, wovon wir die vielen baulichen Zeugen vor Augen haben. Und auch in den folgenden Epochen schlug das christliche Pendel zwischen Stadt und Land hin und her: die Reformation zuerst städtisch, die frühe Neuzeit ländlich, bis die industrielle Revolution die Menschen, und damit auch die Christinnen und Christen, in die Städte trieb. Da stelle ich mir die Frage: wo haben der christliche Glaube und die Kirche ihre Zukunft: in der Stadt oder auf dem Land?

Eine der im deutschen Grundgesetz festgelegten Aufgaben der Bundesregierung ist es, für „gleichwertige Lebensverhältnisse" zu sorgen,
auch zwischen Stadt und Land. Übertragen auf die Kirche könnte man vom Ziel „gleichwertiger Glaubensverhältnisse" sprechen. Sind der Glaube von Menschen in der Stadt und Menschen auf dem Land gleichwertig? Wenn es in der Ausbildung junger Pfarrerinnen und Pfarrer eine extra „Landwoche" gibt, scheint die Frage ja nicht so leicht zu beantworten zu sein. Ich sage jedenfalls: der Glaube ist anders! Im Kern ist er es natürlich nicht, aber die Lebenserfahrung und das Alltagsleben beeinflussen, wie man Bibeltexte versteht, wie man betet, wie man sich zusammenfindet. „Mir aber hat Gott gezeigt, dass man keinen Menschen unheilig oder unrein nennen darf." S o lautet der Monatsspruch für den Juni, aus der Apostelgeschichte, Kapitel 10 Vers 28. Bei diesem Bibelwort denkt ein Mensch aus der Großstadt vielleicht nur an Punks und Obdachlose. Menschen, die auf dem Dorf leben, könnten da Anklänge an die enge Gemeinschaft auf dem Dorf hören, die manchmal zu eng wird und auch Menschen ausschließt. Und, dass der christliche Glaube, dass alle Menschen von Gott geschaffen sind und zu seinem Volk gehören können, hier als Versöhnung gelebt werden und die Gemeinschaft heilen kann.

Haben Sie eine gute Sommerzeit, erleben Sie Gottes versöhnende Liebe und seinen reichen Segen durch die wunderbare Natur, die einen auf dem Land auch viel näher ist!

Ihr Vikar Johann Anton Zieme